Portugals höchste Berge: Serra da Estrela!

Die erste Nacht verläuft holprig. Wir teilen uns zu zweit einen kleinen Kastenwagen. Das Bett wird jeden Abend von uns aufgebaut – drei Holzplatten mit wenig Bezug werden längs zwischen zwei Sitzbänken verkeilt. Zu unserem Glück (achtung: Ironie!) stürzen die Platten nachts immer wieder ein und wir liegen mit dem Oarsch auf dem Boden. Am besten bewegen wir uns nachts einfach nicht. Später werden wir lernen, dass es sinnvoll ist unsere Rucksäcke unter das Bett zu quetschen. Das wird aber leider noch ein paar Nächte dauern…
Für unseren ersten Espresso suchen wir uns ein kleines Café an der Costa Nova. Unsere Devise: Plastikstühle bedeuten günstiges und meist gutes Essen, Holzstühle bedeuten Touristencafé und natürlich halten wir uns zusätzlich an die Regel nur dort zu essen, wo Menschen hauptsächlich portugiesisch sprechen. Die Einheimischen wissen eben am besten wo man gut essen kann.
Am ersten Tag legen wir den Frühstücksmeilenstein für die komplette Reise: Zwei Espresso, zwei Pasteis de Nata sowie zwei Pães mistas (Brötchen belegt mit Schinken und Käse). Es ist seltsam sich auf einer belebten Cafétoilette notdürftig zu waschen und frisch zu halten. Im Café schauen wir noch einmal in unseren Reiseführer. Wir hatten zwar wirklich viele verschiedene Reiseführer dabei, jedoch haben wir am meisten mit dem WILDGUIDE Portugal von Edwina Pitcher gearbeitet. der Guide überzeugt mit ansprechenden Bildern, mit ausführlichen Karten und Lust auf mehr machenden Beschreibungen. Mit der Hilfe des Buches haben uns täglich die schönsten Sehenswürdigkeiten auf unserer Route rausgesucht. Das Teil ist wirklich Gold wert!!
Jetzt aber schnell in die Natur.
Erst mal raus aus der Stadt. Unser Weg führt uns hoch in die Serra durch viele kleine Dörfer. Die Luft riecht himmlisch nach Blüten und dem Eukalyptus, der überall in Portugal angebaut wird. Um so viel wie möglich von der Vegetation um uns herum mitzubekommen, halten wir immer wieder an und sammeln Eindrücke.



Unser erster Anlaufpunkt auf dem Weg in die Berge ist das winzige Schieferdorf Foz da Égua. Auf einem kleinen Parkplatz direkt an der Straße schmeißen wir uns das erste Mal in unsere Bikinis. Ganz schön eng der kleine Van, aber auch daran werden wir uns gewöhnen. In Foz da Ègua war ich 2014 schon einmal und aus diesem Grund sollte es auch in diesem Urlaub unbedingt auf unsere Liste stehen. Es erwarten uns kleine Brücken, eiskaltes Bergwasser und wunderschöne Schieferhäusschen. Die meisten Menschen liegen Sonnenanbetend am Rande des kleinen gestauten Beckens. Wir jedoch gehen aufs Ganze und springen nacheinander in die kristallklare Oase. Das eiskalte Wasser lässt einem erst einmal den Atem stocken, doch wenn man sich daran gewöhnt hat geht es. Zumindest kann man wieder atmen. Länger als 10 Minuten hält es niemand von uns aus. Das Bad tut Leid und Seele gut und die Sonne wärmt und auch draussen schnell wieder aus. Was für ein Erlebnis!




Nachdem unsere Kleidung getrocknet ist, geht es zurück in den heißen Van. Der Kühlschrank im Auto hält, trotz Hitze, auch im stehenden Auto kühl und wir gönnen uns eine kalte Cola zum Weiterfahren. Es dauert nicht lange, da erspähen wir schon unseren nächsten Halt – Piódão. Im Gegensatz zu Foz da Égua ist diese Ortschaft tatsächlich bewohnt. Das Dorf liegt in einen Hang gebaut und von weitem fällt es vor allem durch seine weiße Kirche auf, die den Stil des traditionellen Schiefers bricht.
Im Dorf angekommen mag man sich kaum vorstellen wie es ist hier zu leben. Völlig abgeschieden und mit schwindelerregenden Höhenunterschieden inmitten der Serra do Açor. Nur circa 170 Menschen leben hier in dem über 500 Jahre alten Dorf. Wir laufen ein paar Schritte durch die engen Gassen und setzen uns noch kurz in ein Café bevor es weitergeht.


Auf zum höchsten Berg des Festlands!
Gegen Nachmittag erreichen wir den Gipfel des Torres. Mit 1.993 Metern ist er der höchste Berg auf dem Festland von Portugal. (Für die Wissensdurstigen unter euch: der höchste Berg mit 2.351 Metern, ist der Berg Pico auf der gleichnamigen Azoreninsel)
Der Blick vom Torre ist gigantisch. Unendliche Weite bestehend aus nichts als Vegetation. Menschen sucht man hier oben vergeblich. IM Sommer sprießen hier kleine Blümchen am Wegesrand, im Winter findet man sogar einen Skilift sowie eine Piste für Wintersportler. Für mich ein absolutes Highlight unserer Rundreise.



Wir überlegen wo wir den Sonnenuntergang genießen und beschließen unsere Tour weiter nach Manteigas fortzusetzen und einfach anzuhalten, wenn die richtige Kulisse erscheint.
Der perfekte Platz erscheint natürlich erst, als die Sonne schon fast vom Himmel verschwunden ist. Von der Straße aus sehen wir, ein bisschen erhöht, eine interessante Felsformation und begeben uns direkt auf den kurzen Marsch. Unsere Kleidung nicht zu wechseln, war nicht unbedingt die beste Wahl, merken wir, als wir durch verbranntes Geäst und Sand waten. Man mag es sich kaum ausmalen, wie sich die Flammen hier durch das Gebüsch geschlagen haben, bis runter zum Lagoa do Viriato reicht das verbrannte Land. Der Aufstieg und all die Kratzer an den Beinen werden belohnt als wir an den Felsen ankommen.
So fühlt sich also Freiheit an.





Der Rückweg endet abrupt, als wir auf der anderen Seite der Hügel mehrere Hunde entdecken. Genüsslich schlendern die drei unseren Weg hinunter. Wir bleiben vorsichtshalber stehen und hoffen nicht erspäht zu werden. Zwar sind wir beide auch Besitzer imposanter Hunde, aber den Berghunden der Serra da Estrela möchte wohl niemand gern frei begegnen. Die drei schnüffeln kurz an unserem Wagen und laufen weiter. Wir können beruhigt absteigen und weiterfahren.
Manteigas erreichen wir im Dunkeln. Direkt am Anfang von Caldas de Manteigas kommend fällt uns ein Parkplatz mit einem parkenden Wohnmobil auf. Später werden wir hier die Nacht verbringen. Vorher jedoch fahren wir ein paar Mal wirr durch die Stadt bis wir das perfekte Restaurant finden. Heute Abend soll es Fisch geben. Im Restaurant werden wir wie überall herzlich begrüßt, mit unserem gebrochenem Portugiesisch fallen aber auch wir positiv auf und kommen mit diversen Einheimischen ins Gespräch. Im Restaurant fällt uns ein kleiner, rundlicher Herr mit Schnauzbart auf. Wir essen draußen und genießen gerade die wirklich gute Mahlzeit als uns der kleine LKW mit dem überdimensionalen Bild des schnauzbärtigen Mannes auffällt. Es sind gerade Kommunalwahlen in Portugal. Ein Politiker also!
Noch eine Kuriosität sticht uns immer wieder ins Auge. Über der beschaulichen Stadt thront ein riesiges neonpinkes Kreuz. Es bringt uns mehrmals zum Schmunzeln und dient wahrlich als krönender Abschluss eines abenteuerlichen zweiten Tages in Portugal.